Was ist neu an den EASA-Lizenzen?
Seit nicht allzu langer Zeit ist es offiziell und endgültig: Die neuen europäischen Pilotenlizenzen stehen fest. Und nicht nur das: Wir wissen jetzt auch, ab welchem Zeitpunkt sie gelten. Was wir jedoch oft noch nicht wissen: Welche Neuerungen gibt es konkret? Welche Vorteile, welche Nachteile? Was davon betrifft die ULer? Was wird jetzt aus den alten Lizenzen? Diese Fragen gilt es in diesem Artikel, soweit nach der aktuellen Gesetzeslage bekannt, zu klären. Der Fokus liegt dabei auf der neuen Pilotenlizenz LAPL. Wer weiterführende Informationen sucht, findet diese in den genutzten Quellen, die dem Artikel angefügt sind.
EASA – Europäische Agentur für Flugsicherheit
Hinter der Abkürzung EASA verbirgt sich die Europäische Agentur für Flugsicherheit (European Aviation Safety Agency), die ihren Sitz in Köln hat. Ihre Errichtung wurde im Rahmen der EU-Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates festgelegt, um die ebenfalls in der genannten Verordnung festgelegten „gemeinsamen Vorschriften für die Zivilluftfahrt“ umzusetzen. Zentrale Aufgabe der Agentur ist, der EU fachliche Beratung bei der Erarbeitung neuer Rechtsvorschriften zu leisten. Das bedeutet, dass die Agentur Entwürfe für solche Rechtsvorschriften erstellt und diese nach einem festgelegten Abstimmungsprozess dann von der EU-Kommission verabschiedet werden. Der Prozess vom Entwurf der EASA bis zum Gesetzesentwurf, der letztlich von der Kommission verabschiedet wird, ist durchaus interessant, da der EU-Bürger von seinen demokratischen Rechten in Form des Mitspracherechts Gebrauch machen kann. Es gibt die Möglichkeit, nach Veröffentlichung des Entwurfes der EASA diesen online auf der Website der Agentur zu kommentieren und auf diese Weise Einfluss zu nehmen auf eine mögliche Ergänzung/Überarbeitung.
Die Europäisierung schreitet voran
Den beschriebenen Weg hat auch die Verordnung 1178/2011 vom 2. November 2011 genommen. Sie gilt seit dem 8. April 2012. In ihr sind die „technischen Vorschriften und Verwaltungsverfahren in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt“ festgelegt. Im Anhang 1 [Teil-FCL] finden sich die neuen EASA-Lizenzen, d.h. in den Mitgliedsstaaten der EASA (zu denen auch die Schweiz, Island, Norwegen und Liechtenstein zählen) geltenden Lizenzen.
LAPL(A) – Neue Pilotenlizenz für Freizeitluftverkehr
Die mit großer Spannung erwartete Pilotenlizenz für Leichtflugzeuge LAPL (Light Aircraft Pilot Licence) ist eine neue Pilotenlizenz für Freizeitluftverkehr. Inhaber einer LAPL(A) dürfen mit einmotorigen Kolbenmotor-Flugzeugen oder TMG mit einer höchstzulässigen Startmasse von 2t oder weniger in allen deutschen Lufträumen (CVFR-Berechtigung gibt es nicht mehr) mit insgesamt 4 Personen an Bord fliegen.
Gestartet werden kann die Ausbildung zur LAPL(A) frühestens am 8. April 2015. Ab dem 8. April 2013 besteht lediglich die Möglichkeit, gültige „alte“ Pilotenlizenzen (ICAO-PPL, PPL-N, wenn gewünscht auch PPL(A) oder höher) in LAPL(A) umzuschreiben.
Mit der LAPL sind die Lizenzinhaber ausschließlich zum Fliegen innerhalb der EASA-Mitgliedsstaaten berechtigt. Da sie zudem nicht ICAO-konform ist, kann sie auch nicht in Drittländern validiert werden. Das kann nur der EASA-PPL(A)oder eine höhere Lizenz leisten.
Die Lizenz ist auf Lebenszeit erteilt. Um die Rechte der Lizenz auszuüben, müssen jedoch in den vergangenen 24 Monaten mindestens 12 Flugstunden als PIC einschließlich 12 Starts und Landungen sowie eine Stunde Übungsflug mit einem Lehrberechtigten absolviert sein. Ist dies nicht erfüllt, muss der Pilot eine Befähigungsüberprüfung ablegen oder die notwendigen Flugzeiten oder Starts und Landungen entweder mit Fluglehrer oder alleine unter der Aufsicht eines Lehrberechtigten absolvieren. Übrigens: UL-Stunden können nicht angerechnet werden (EU-Verordnung 1178/2011 Anhang 1 [Teil-FCL], FCL.140.A a): „Inhaber einer LAPL(A) dürfen die mit ihrer Lizenz verbundenen Rechte nur ausüben, wenn sie in den letzten 24 Monaten als Flugzeug- oder TMG-Piloten mindestens Folgendes absolviert haben (…)“).
Für die LAPL(A) können Berechtigungen erworben werden, so u.a. eine Schlepp- und eine Kunstflugberechtigung. Eine Instrumentenflugberechtigung ist dem EASA-PPL(A) oder höheren Lizenzen vorbehalten.
Flugausbildung
Der Flugschüler zu einer LAPL(A) muss bei Ausbildungsantritt mindestens 17 Jahre alt sein. Seine Ausbildung umfasst einen praktischen und einen theoretischen Teil, zu dessen erfolgreichen Abschluss er jeweils eine Prüfung ablegen muss. Eine Passagierberechtigung in dem Sinne gibt es nicht. Der Inhaber einer LAPL(A) muss jedoch nach Lizenzerhalt eine Flugzeit von mindestens 10 Stunden auf Flugzeugen vorweisen, bevor er mit Passagieren fliegen darf.
Praktische Flugausbildung
Die praktische Flugausbildung umfasst insgesamt 30 Stunden, davon 15 Stunden mit Fluglehrer in der Klasse, in der dann später auch die praktische Prüfung abgelegt wird sowie 6 Stunden überwachter Alleinflug, davon mindestens 3 Stunden Überlandflug. Ein Überlandflug muss dabei mindestens 150 km (80 NM) lang sein und eine Landung auf einem anderen Flugplatz als dem Startflugplatz enthalten. Wie im Annex to ED Decision 2011/016/R beschrieben, wird der Flugschüler vor Antritt seiner Flugausbildung darüber informiert, dass das Medical vorhanden sein muss, bevor er seinen ersten Soloflug absolvieren darf.
Anrechnungen von Erfahrungen als PIC von der zuständigen Flugschule (ATO) sind bis max. 50% möglich. Alleinflüge dürfen jedoch nicht gerechnet werden und müssen somit in jedem Fall im vollen Umfang von 6 Stunden im Rahmen der Ausbildung durchgeführt werden. Grundlage für die Anrechnung ist laut Verordnung ein vorher durchgeführter Testflug.
Theoretische Flugausbildung
Die theoretische Ausbildung umfasst die Sachgebiete Luftrecht, menschliches Leistungsvermögen, Meteorologie und Kommunikation, Grundlagen des Fliegens, betriebliche Verfahren, Flugleistung und Flugplanung, allgemeine Luftfahrzeugkunde und Navigation. Weitere Informationen zum Beispiel zum notwendigen Umfang der theoretischen Ausbildung sind vorliegenden Quellen nicht zu entnehmen.
Erwerb von Berechtigungen auf eine andere Flugzeugklasse oder -baureihe
Um die Rechte auf eine andere Flugzeugklasse oder -baureihe zu erweitern, müssen 3 Stunden Flugausbildung geleistet werden, darin enthalten 10 Starts und Landungen mit Fluglehrer und 10 überwachte, allein durchgeführte Starts und-Landungen. Außerdem ist eine praktische Prüfung abzulegen, in der u.a. auch theoretische Kenntnisse der anderen Klasse nachzuweisen sind.
Zudem sind eine Unterschiedsschulung und ein Vetrautmachen notwendig, das entweder im Flugbuch des Piloten oder in einem Dokument eingetragen und vom Lehrberechtigten unterzeichnet wird.
Umwandlung von „alten“ Lizenzen
Nachdem die deutschen Behörden ihren notwendigen Umwandlungsbericht geschrieben und der EASA vorgelegt haben, sind seit dem August 2012 nun die Umwandlungsbedingungen für die „alten“ in Deutschland gültigen Lizenzen definiert.
Vom LAPL(A) zum PPL(A)
Um als Inhaber einer LAPL(A) zum PPL(A) zu gelangen, müssen nach Lizenzerhalt mindestens 15 Stunden Flugzeit auf Flugzeugen absolviert werden. Von diesen 15 Stunden müssen mindestens 10 Stunden Flugausbildung sein. Mindestens 4 Stunden dieser Stunden müssen zudem überwachten Alleinflug umfassen, davon wiederum mindestens 2 Stunden Solo-Überlandflug mit mindestens einem Überlandflug von mindestens 270 km (150 NM). Dieser Überlandflug muss vollständig abgeschlossene Landungen auf zwei anderen Flugplätzen als dem Startflugplatz enthalten.
Vom ICAO-PPL und PPL-N zur LAPL(A)
Inhaber des ICAO-PPL oder PPL-N können ihre Lizenz ab dem 8. April 2013 auf Antrag und Nachweis der Sprachkenntnis auf einen LAPL(A) ohne weitere Auflagen umschreiben lassen. Dies bedeutet einen deutlichen Gewinn für PPL-N-Inhaber, denn sie erhalten quasi 1.250 kg und die Möglichkeit geschenkt, insgesamt drei anstatt nur einen Passagier mitnehmen zu dürfen, brauchten sie zuvor hierfür doch eine zusätzliche Berechtigung. Ein weiteres Geschenk ist die Bewegung außerhalb des deutschen Luftraumes. Das war zuvor gar nicht möglich.
Die Inhaber einer ICAO-PPL dagegen werden in ihren bisherigen Rechten durch die Umwandlung in den LAPL beschnitten. Es ist ihnen wie oben beschrieben nicht möglich, außerhalb der EU bzw. außerhalb der EASA-Mitgliedsstaaten zu fliegen, es gibt keine Validierungsmöglichkeit in Drittländern. Hierfür müssen sie auf den EASA PPL(A) aufrüsten und einige Auflagen erfüllen.
Was ist genau für ULer interessant?
Konkret relevant auch für die Klasse der Ultraleichtpiloten ist zunächst einmal nichts, d.h. wir sind von der Verordnung nicht direkt betroffen. Nicht zuletzt natürlich auch, weil die Luftsportgeräteführer nicht unter der Kontrolle der EASA stehen.
LAPL-Medical
Indirekt wird sich jedoch zumindest eine Änderung auswirken. Da die LAPL ein eigenes Medical erhalten wird und dieses von den Anforderungen unter denen des Medicals der Klasse 2 nach JAR-FCL liegt, das Luftsportgeräteführer aktuell mindestens führen müssen und das mit Beginn der Umsetzung der EU-Verordnung im nächsten Jahr ohnehin ausläuft, wird von den deutschen Behörden überlegt, diese Änderungen auch zum Vorteil der SPL zu nutzen, die ansonsten im Vergleich zu den LAPL-Inhabern benachteiligt würden. Wie diese Regelung jedoch genau aussieht, steht noch nicht fest.
Zudem sieht die EASA für das Flugtauglichkeitszeugnis die Untersuchung nicht mehr nur durch Fliegerärzte, sondern auch durch Hausärzte vor. Laut aktuellen Diskussionen in der Branche wird jedoch dieser Punkt aufgrund von Schwierigkeiten durch das bestehende Gesundheitssystem in Deutschland mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht umzusetzen sein.
SPL zu LAPL(A)
Für denjenigen, der in Zukunft auch gern schwerer unterwegs sein möchte als ultraleicht, lohnt sich derzeit die Überlegung, den PPL-N noch vor seiner Abschaffung zu erwerben. Denn Inhaber der PPL-N sind die Gewinner und der Weg dorthin ist für den ULer nicht sehr weit: 7 Stunden Flugausbildung. Hat man diese Stunden absolviert und die Prüfungen in Theorie und Praxis erfolgreich abgelegt, kann man sich nach Lizenzerhalt und bis zum 8. April 2014 den PPL-N in einen LAPL(A) umschreiben lassen und dann nicht nur mit 750kg deutschlandweit unterwegs sein, sondern ohne Zusatzqualifikation zu viert europaweit und mit 2.000kg. Man bekommt direkt nach Lizenzerwerb ab dem 8. April 2013 ein spontanes und kostenloses Upgrade.
Folgt man der aktuellen Auslegung der deutschen Behörden hinsichtlich der Anrechnung von SPL für den Erwerb einer LAPL(A), die noch nicht von Seiten der EASA bestätigt ist, können später höchstens 15 der 30 Stunden Flugausbildung geltend gemacht werden. Zusätzlich müssen die theoretische und praktische Prüfung abgelegt werden. Es wäre aus diesem Grund sinnvoll, die Ersparnis von rund 8 Ausbildungsstunden zu nutzen.
Es bleibt zudem abzuwarten, ob die in der EU-Verordnung als „Erfahrungen als PIC“ definierten Vorkenntnisse wirklich für die Ausbildung zum LAPL angerechnet werden können, da die EASA damit per definitionem Piloten (auf Luftfahrzeugen) und keine Luftsportgeräteführer berücksichtigt und bereits die Anrechnung von UL-Stunden zum Erhalt der Gültigkeit des LAPL(A) laut EU-Verordnung nicht möglich ist.
Quellen & Hinweise:
PDFs:
EU-Verordnung (EG) Nr. 216/2008
EU-Verordnung 1178/2011 Anhang 1 [Teil-FCL]
Opt-out Regelungen zur Verordnung (EU) Nr. 1178/2011
Annex to ED Decision 2011/016/R (Acceptable Means of Compliance and 1 Guidance Material to Part-FCL)
Links:
Homepage des Luftfahrt-Bundesamtes
Homepage des Bundesministerium für Verkehr-, Bau und Stadtentwicklung
Sehr schön und leicht verständlich geschrieben.
Vielen Dank für deine Arbeit!
Eric