Bericht

Herausforderung Kiebitzbau – Die Hausers bauen Platzer Kiebitz

Denise und Fabian Hauser haben sich gemeinsam der Herausforderung gestellt und an den Bau eines Platzer Kiebitz gemacht. Wir schildern ihre Erfahrungen beim Bau des Doppeldeckers bis zur Rohbauabnahme.

Einen eigenen Flieger zu besitzen, ist für viele UL-Piloten ein Traum. Manche jedoch wollen noch weiter gehen: Sie wollen einen eigenen Flieger, den sie auch eigenhändig gebaut haben. So auch Fabian und seine Frau Denise. Seit Dezember 2011 arbeiten sie an ihrem Kiebitz und haben im Sommer dieses Jahres die Rohbauabnahme von Kiebitzkonstrukteur und -erfinder Michael Platzer erhalten. Bis dahin war es jedoch bereits ein weiter Weg.

Besonderes Geburtstagsgeschenk

Es war nicht immer klar, dass es ein Flugzeug in Eigenbau werden sollte, denn eigentlich suchte Fabian zunächst auch nach einem älteren Kiebitz, den er einer Generalüberholung unterziehen wollte. Er beobachtete monatelang den Markt, doch es fand sich einfach nicht die passende Maschine. Seinem Unmut – und auch dem seiner Frau – setzte ein folgenschweres Geburtstagsgeschenk von Denise ein Ende: Sie schenkte ihm im Sommer 2011 Baupläne für einen Kiebitz. „Das ist mit eines der schönsten Geburtstagsgeschenke, die ich je erhalten habe!“, sagt uns Fabian. Und noch mehr: „Was für eine tolle Frau habe ich mir da geangelt!“.

Bis zum Winter dauerten die Vorbereitungen der Infrastruktur. Besonders zu beachten ist dabei die passende Größe der Werkstatt bzw. des Raumes, der dafür genutzt werden soll. Die beiden Kiebitzbauer empfehlen hier ein Mindestmaß von 6 x 8 Metern. „Wir haben später die Flügel ausgelagert und sind beim Aufbau des Fliegers im Rohbau dann auf die Scheune eines Nachbarn ausgewichen“, gibt Fabian an.

Die entsprechende Werkzeugausstattung für den Bau ist relativ einfach gehalten. So braucht es einen Akkuschrauber, eine Eisensäge, eine Nietenzange, verschiedene Feilen und eine Blechschere, sofern die Knotenbleche selbst gefertigt werden. „Fast genauso wichtig ist der Kontakt zu einem Luftfahrtschweißer, der die Schweißarbeiten erledigt.“, informiert uns Fabian.

Im Dezember 2011 legten die beiden schließlich los und holten den Satz Rohre beim Konstrukteur ab. Der Kiebitz ist ein reines Selbstbauflugzeug, für das es keinen Bausatz gibt. Die Lizenz sieht vor, dass die Rohre über den Konstrukteur beschafft werden müssen. Auch die Rohbauabnahme und der Erstflug sind Sachen des Konstrukteurs bzw. einer durch ihn beauftragten Person. Aber so weit sind wir noch nicht.

Flügelrippen

Zunächst machen sich Denise und Fabian an den Bau der 36 Flügelrippen. Sie bestehen aus Balsa- und Sperrholz, die mit Kiefernleisten verklebt werden. „Um die Verklebung gemäß Plan auszuführen, muss wie auch bei vielen anderen Stellen zuerst eine entsprechende Vorrichtung gebaut werden“, erläutert Fabian. Überhaupt nimmt die Anfertigung von Vorrichtungen bei den beiden ein großes Maß an Zeit ein. Ein begonnenes Logbuch zum Bau des Fliegers wird nach etwa 200 Stunden wieder eingestellt. „Wir wollten nicht zu enttäuscht sein von dem intensiven Arbeitsaufwand“, lautet der Grund. Zudem zählen auch die Stunden hinzu, in der beide überlegen, wie sie am besten vorgehen und was bei jedem Schritt besonders zu beachten ist. „Schließlich wollten wir nicht in einer Sackgasse landen. Außerdem wollten wir die Teile nicht zweimal anfertigen. Learning by Doing ist zwar eine der besten Methoden, kostet aber auch Zeit und Geld.“, bekräftigt Fabian. Nachdem die Flügelrippen fertiggesägt waren, haben Denise und Fabian die Außenkontur entsprechend der mitgelieferten Zeichnung nachgearbeitet und mit Bohrungen für die Alurohrholme versehen.

Da die Flügelrippen in einem Stück gefertigt werden, muss bei dem unteren Flügel auch noch der hintere Teil, die Querruder, vom Rest der Rippe abgetrennt und einzeln bearbeitet werden. Abschließend haben sie die Rippen zum Schutz vor Feuchtigkeit und Schimmel imprägniert. Auf den Aufbau der Flügel verzichteten sie jedoch erst einmal: „Das hätte die Platzkapazität der Werkstatt nur unnötig eingeschränkt.“, erläutert Fabian den Grund dafür.

Rumpf und Leitwerksteile

Der Rumpf des Kiebitz besteht aus einem Gerüst von Alurohren, die mittels Knotenblechen (Verbindungsstücke für Träger) und Edelstahlnieten zusammengebaut werden. Der Aufbau der Leitwerksteile ist identisch, jedoch müssen diese mit teilweise abgekanteten Aluprofilen montiert werden, da diese als Rippen für Höhen- und Seitenruder dienen.
Für die Knotenbleche haben sich Denise und Fabian professionelle Hilfe geholt, denn kaum ein Blech ist identisch zum anderen: „Diverse Kiebitz-Kollegen bieten komplette Sätze an laser- geschnittenen und vorgebohrten Knotenblechen an. Dieses zeitsparende Angebot haben wir sehr gern angenommen.“, bestätigt Fabian.

Mit Hilfe der vorgefertigten Knotenbleche haben die beiden – wieder auf einer entsprechenden Vorrichtung – die zwei identischen Seitenwände des Rumpfgerüstes gefertigt. Hierfür haben sie die im Durchmesser dünneren Fachwerksstreben zwischen die oberen und unteren Spanten (tragende Teile zur Verstärkung des Rumpfes) eingepasst: „Vor der Vernietung ist unbedingt zu beachten, dass die Fachwerksstreben nicht punktuell auf den Spanten anliegen. Hierzu wird als Hilfsmittel ein dünnes Holzstäbchen dazwischen gelegt. Anschließend kann der Knoten vollständig abgebohrt und vernietet werden“, informiert er. Um Korrosion zwischen Aluminium und Edelstahl zu vermeiden, werden die Nieten vor der Verarbeitung noch mit einer Isolation versehen.

Grundierung und Lackierung

Nach der Fertigstellung beider Seitenwände haben die beiden diese über eine Vorrichtung zu einem kastenförmigen Rumpf zusammengebaut: „Das Prinzip ist das gleiche wie oben beschrieben. Hier allerdings dann in drei Dimensionen.“, gibt Fabian zu bedenken.

Nach der erfolgreichen Rumpfmontage haben Denise und Fabian diverse Kleinteile für die Steuerung und das Fahrwerk hergestellt. Nachdem diese montiert waren, war es endlich Zeit für ein erstes Probesitzen und natürlich – und vor allem – für das Überprüfen der einwandfreien Funktion. Was folgte, war für die beiden dann wieder ein etwas enttäuschender Moment: Es musste alles wieder demontiert werden, um die einzelnen Teile grundieren und lackieren bzw. mit Pulver beschichten zu können.

Montage und Formgebung

Nachdem alles getrocknet und gehärtet war, folgte die endgültige Montage der Baugruppen, wobei Denise und Fabian Teile, die voraussichtlich wieder demontiert werden müssen, nur provisorisch verschraubt und alle finalen Montageteile mit dem „roten Punk“ aus Siegellack, dem Prüfsiegel versehen haben.

Nachdem das erledigt war, machten sich die zwei an die ersten formgebenden Arbeiten, der sie ihre persönliche Note verliehen. So gestalteten sie für die spätere individuelle Optik ihres Kiebitz einen Kopfablauf. Um diesem Dekorationselement ein professionelles Aussehen zu verleihen, entschieden sie sich für die Modellage einer kompletten Form: „Wir haben bei unserem ersten formgebenden Teil aus der zuvor erstellten Form nicht das gewünschte Gewicht erreicht. So mussten wir ein zweites Mal aus Glasfaser den Rumpfrücken laminieren und haben dieses Mal weniger Gewebe und Oberflächenharz dafür genutzt.“, berichtet Fabian.
Das Ergebnis kann sich nicht nur sehen, sondern vor allem auch wiegen lassen. Das betreffende Teil mit dem Kopfablauf wiegt jetzt unter 1 kg.

Hier hat Fabian wieder einen wichtigen Hinweis: „Wer nun denkt, Gewicht zu sparen, indem man mit Material geizt, ist auf dem falschen Weg. Das Teil dient lediglich der Formgebung und nicht der Statik der Konstruktion. Wichtig bei einem solchen Projekt ist, dass von Anfang an auf das Gewicht geachtet werden muss. An einem fertigen Flugzeug 10 kg zu entfernen, ist nahezu unmöglich. Aber während der Bauphase hier und da ein paar Gramm zu sparen, ergibt dann auch den gewünschten Effekt.“.

Flügel

Anfang 2013 machte sich das Kiebitz begeisterte Ehepaar an die Montage der Flügel. Etwas über ein Jahr war seit Beginn des Kiebitzbaus vergangen. Die Flügelrippen, die sie als erstes gefertigt hatten, kamen ihnen trotz längerer Lagerung noch sehr bekannt vor. Um diese auf die Holmrohre zu bringen, haben sie die Rohre mit einem feinen Schleifpad angeschliffen und sie mit Verdünnung abgewaschen.

Auf diese Weise ließen sich die Rippen problemlos auf die Rohre auffädeln. Doch damit war es nicht getan. „Bevor die Flügel bespannbereit waren, ging durch viele notwendige Kleinigkeiten noch einige Zeit ins Land. Dazu zählten u.a. das Verkleben der Rippen, das Abbohren der Beschläge, das Einpassen der Randbögen und vieles mehr.“, erklärt uns Fabian.

Hochzeit und Rohbauabnahme
Im Mai 2013 war es dann endlich so weit. Es kam zur Hochzeit von Rumpf, Leitwerk und Flügeln. Die Hochzeitsfeierlichkeiten währten dann direkt vier Tage. So lange dauerte es nämlich, bis alles zusammengebaut und alle Befestigungen und Beschläge abgebohrt und angepasst waren.

Im Juni 2013 folgte dann die Rohbauabnahme durch Michael Platzer. Dieser nahm den 109 kg schweren Kiebitzrohbau mit der Baunummer 375 genauestens unter die Lupe, prüfte ausgiebig die Verbindungen und gab Denise und Fabian noch einige wichtige Tipps zum weiteren Bauverlauf. Ein großer und wichtiger Tag für die beiden, den sie gemeinsam mit dem Konstrukteur beim Italiener ausklingen ließen.

Zwischenfazit

Fabian schätzt, dass sie beide mittlerweile bereits ca. 1.200 Stunden in den Bau ihres Kiebitz investiert haben. Darunter fasst er auch die Zeit, die sie für Überlegungen, dem Studieren der Pläne und Rückfragen beim Hersteller bzw. bei Kiebitz-Kollegen sowie dem Bau der Vorrichtungen gebraucht haben.

Natürlich habe es bereits auch kurze Momente gegeben, in denen er an ihrem Unterfangen gezweifelt hätte: „Manchmal habe ich mich schon gefragt: Wieso tust Du Dir das an? Dann probierst Du mehrfach alle Teile aus, hast kein Material mehr, musst Teile zweimal bauen. Doch letztlich hat der Ausblick auf das eigene, komplett nach unseren Vorstellungen gestaltete Flugzeug die Zweifel schnell verfliegen lassen.“, betont er im Gespräch. Er wollte eben kein Katalogflugzeug. Das ging schon seinem Vater Willi so, der Mitte der 90er Jahre den Vorgänger des Kiebitz, den UL-Eindecker Motte von Michael Platzer gebaut hat. „Bei der Motte fehlt jedoch der zweite Sitz. Und das ist natürlich von Nachteil, wenn man eine flugbegeisterte Frau hat“, führt er grinsend an.

Für den Bau haben Denise und Fabian übrigens Kosten in Höhe von 25.000 bis 30.000 Euro eingeplant. „Baubar ist ein Kiebitz jedoch bereits für 20.000 Euro bis 25.000 Euro. Das variiert vor allem je nach den Wünschen hinsichtlich der Ausstattung.“, schließt Fabian.

Ausblick

Denise und Fabian werkeln weiterhin fleißig an ihrem Kiebitz und haben den Herbst 2014 für den Erstflug angepeilt. Bis dahin müssen noch alle Einzelteile bespannt, der Motor (Nissan Micra, 60 PS) sowie die Avionik eingebaut, das Finish gemacht werden und die Inbetriebnahme erfolgen. Wir haben uns für ihren Erstflug schon angekündigt und werden Euch dann über die Erfahrungen bis dahin und natürlich über diesen besonderen Moment wieder berichten.

Über den Autor

ULMagazin

ULMagazin ist ein junges und modernes Onlinemagazin, das sich dem Bereich der Ultraleichtfliegerei widmet. Das Ultraleichtfliegen hat viel zu bieten. So gilt unsere Aufmerksamkeit allen Formen der ULs: Fußstart, Motorschirm, Dreiachs, Tragschrauber, Gleitschirm uvm.

1 Kommentar

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  • Hallo Fliegerfreunde
    Ein sehr interessantes Projekt was Ihr da beschrieben habt. Ich bin ein erfahrener Modellbauer und begeisterter Modellflieger. Ich nutze jede Möglichkeit auch bei manntragenden Flugzeugen mitzufliegen. Kürzlich wurde ich dazu animiert doch mal etwas größeres zu bauen, und wende mich hiermit an Sie, um evtl. einige Informationen zu bekommen. Z.B. Woher bekommt man Pläne, wie läuft das mit den Abnahmen, welches Material muß man nehmen usw. Auf eine Antwort würde ich mich sehr freuen. mfG Renko Willms

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