Ausbildung Bericht

Praktische Fluglehrerausbildung – Lehrgang erweitert den Horizont

In der Fluglehrerausbildung erweitert sich das Wissen und Können enorm.

Nachdem ich den theoretischen Fluglehrerlehrgang erfolgreich absolviert hatte, stand für mich endgültig fest, dass ich Fluglehrer werden möchte. Um dieses Ziel zu erreichen, musste ich an einem praktischen Fluglehrerlehrgang teilnehmen. Sinn und Zweck des praktischen UL Fluglehrerlehrgangs ist es, Ultraleichtflugzeuge vom Sitz des Fluglehrers aus zu fliegen, das methodische und didaktische Schulen zu erlernen und Notfallsituationen zu trainieren (Ziellandungen mit stehendem Triebwerk). Der praktische Fluglehrerlehrgang wird, wie auch der theoretische Fluglehrerlehrgang im ersten Teil dieser Serie beschrieben, in regelmäßigen Abständen von den Verbänden DULV und DAeC angeboten. Diese Lehrgänge werden, je nach Anbieter, entweder in einem Komplettlehrgang für Theorie und Praxis an zehn zusammenhängenden Tagen oder in zwei getrennten Lehrgängen zu je fünf zusammenhängenden Tagen durchgeführt.

Voraussetzungen

Um sich für den praktischen Fluglehrerlehrgang zu bewerben, muss man mindestens 150 Flugstunden nach Lizenzerhalt sowie das BZF II und ein gültiges Medical der Klasse II nachweisen können. Stimmen diese Voraussetzungen, wird man vom jeweiligen Verband zu einer Auswahlprüfung eingeladen.

Auswahlprüfung

Die Auswahlprüfung ist einem Prüfungsflug sehr ähnlich. Hierbei wird man auf Herz und Nieren geprüft und muss seine fliegerischen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Besonderer Wert wird hierbei auf das Verhalten bei Strömungsabrissen und Notverfahren gelegt. Darüber hinaus analysieren die Prüfer, ob die Grundlagen des Fliegens verstanden wurden. Dazu gehören unter anderem der richtige Einsatz der Steuerelemente sowie das Fliegen des ULs in unterschiedlichen Konfigurationen (Klappen, Leistung etc.) Einige Ziellandungen mit und ohne Motorhilfe runden die etwa einstündige Auswahlprüfung ab. Mit dem Bestehen der Auswahlprüfung habe ich mich für die Teilnahme am eigentlichen Fluglehrerlehrgang qualifiziert. Es konnte endlich losgehen!

Wie bringt man einem Fußgänger als Fluglehrer das Fliegen bei?

Im praktischen Lehrgang musste ich fünf Flugstunden auf mindestens zwei verschiedenen Mustern absolvieren. Meine Wahl fiel damals auf den Breezer und den Eurostar EV 97. In den geforderten Ausbildungsstunden muss man von der ersten Minute an von rechts fliegen, wobei der Ausbilder den Flugschüler simuliert. Vor einer solchen Flugstunde legt der Ausbilder eine fiktive Situation fest: Der Flugschüler hat einen bestimmten Ausbildungsstand, für gewöhnlich ein bestimmtes Verhaltensmuster und macht hier und da den ein oder anderen Fehler. Es kann also sein, dass man in seiner ersten Flugstunde als angehender Lehrer einen Flugschüler neben sich sitzen hat, der bereits seinen ersten Soloflug hinter sich hat, oder, dass der Flugschüler gänzlich unerfahren ist und als Neuling neben einem Platz nimmt. Je nach Stand der Ausbildung des simulierten Flugschülers gestaltet sich auch der Inhalt der jeweiligen Flugstunde. Der Flugschüler muss von seinem Fluglehrer dort abgeholt werden, wo er sich gerade befindet.
Während man mit einem Anfänger vielleicht einmal „um den Kirchturm“ fliegt, Steig-, Sink- und Kurvenflug übt, wird ein fortgeschrittener Flugschüler mit Platzrunden, Notverfahren und Navigationsflügen konfrontiert. Hierbei gilt es, als Lehrer auf seinen Schüler einzugehen und seinen derzeitigen Ausbildungsstand zu berücksichtigen. Der Ausbilder stellt im Namen des Flugschülers viele Fragen, kann Sicherheit, Überheblichkeit oder auch Nervosität ausstrahlen und erwartet natürlich den richtigen Umgang sowie die richtige Reaktion von seinem Fluglehrer – also von mir. Hin und wieder unterbricht der Ausbilder die Situation kurz, um Tipps zu geben oder das Verhalten direkt zu kommentieren.
Ich habe stets versucht, diese Tipps direkt umzusetzen und konnte in den fünf Flugstunden sehr viel lernen und für mich mitnehmen. Auch die Ausbilder waren mit dieser Entwicklung zufrieden, sodass sie mich zur praktischen Prüfung zugelassen haben. Die Prüfung fand im direkten Anschluss an den Lehrgang statt.

Praktische Fluglehrerprüfung

In der Prüfung wird nichts anderes durchgeführt, als vorab in dem Lehrgang geschult wurde. Der jeweilige Prüfer simuliert einen Flugschüler und nimmt, wie bereits gewohnt, auf dem Pilotensitz Platz. Als angehender Fluglehrer sitzt man auf der rechten Seite und muss, wenn nötig, von dort aus eingreifen. Vor dem Prüfungsflug wird abermals besprochen auf welchem Stand sich der Flugschüler gerade befindet und was genau gemacht werden soll. Hierzu gehört auch eine kurze Flugplanung, die zusammen mit dem Flugschüler – also dem Prüfer – durchgeführt wird.
Im Prüfungsflug kommt es vor allem darauf an, den Flugschüler auf kleine Fehler aufmerksam zu machen und diese zu besprechen. Ehe man sich versieht, steckt man plötzlich selbst in der Rolle des Tippgebers, versucht seinen Schützling zu unterstützen und ihn mit wertvollen Ratschlägen zu versorgen, sodass er seine Flugstunde erfolgreich zu Ende bringen kann. Man erklärt verschiedene  Flugmanöver und Methoden und führt diese dem Flugschüler gegebenenfalls vor, sodass er diese schnell selbst umsetzen kann. Eine Flugstunde beinhaltet demnach auch immer einen erheblichen theoretischen Teil, in welchem Grundlagen aus der Theorie in die Praxis übertragen werden. Ziel ist der sogenannte „Aha-Effekt“ beim Flugschüler. Der Prüfungsflug dauert mindestens eine Stunde und endet mit einigen Ziellandungen in unterschiedlichen Konfigurationen mit und ohne Motorhilfe.

Assistenzzeit

Nachdem ich die praktische Fluglehrerprüfung bestanden hatte – den theoretischen Fluglehrerlehrgang hatte ich ja bereits in der Tasche – durfte ich mich Fluglehrer-Assistent schimpfen und unter Aufsicht an einer Flugschule unterrichten. Diese sogenannte Assistenzzeit ist drei Jahre gültig und dient dazu, Erfahrungen als Lehrer zu sammeln und seine Flugschüler sicher durch die Flugausbildung zu bringen.
Während der Assistenzzeit habe ich vier Flugschüler (zwei sind das vorgeschriebene Minimum) aktiv durch die gesamte Flugausbildung begleitet. Das heißt, dass jeder Ausbildungsschritt einer Flugausbildung mindesten einmal durchlaufen werden muss.
Ich erinnere mich immer wieder gern an eine Situation zurück. Das Gefühl war unbeschreiblich. Man fährt zum Flugplatz und da wartet tatsächlich ein junger Mann am Flugzeug auf Dich – auf seinen Fluglehrer! Es war genial. Ich habe kurz mit ihm besprochen, wie die heutige Flugstunde aussehen könnte, was wir heute tun und wie wir dabei vorgehen werden. Ich habe seine Vorschläge dazu mit aufgenommen und ehe wir uns versahen, saßen wir im Flugzeug. Ich rechts, er links. Ein für einen Schüler eher härteres Programm, nämlich Platzrunden, stand für diesen Tag an. Mein Schüler stand kurz vor seinem ersten Soloflug. Um sicher zu gehen, dass er diese Hürde mit Bravour nimmt, trainierten wir vor allem Landungen. Eine nach der anderen, Platzrunde für Platzrunde. Wir waren in einer C42 unterwegs. Ein sehr gutmütiges und für die Schulung hervorragend geeignetes Flugzeug. Das Problem meines Schülers war es, während des Anfluges, vor allem aber im Endanflug, genügend Höhe abzubauen. Er flog immer viel zu hoch an und setzte für gewöhnlich erst kurz vor der Halbbahnmarkierung auf. Er sagte mir, dass er bei seinem anderen Fluglehrer immer mit Klappen in der dritten Stufe angeflogen sei. Ich fragte ihn daraufhin, ob er es mal mit dem Seitengleitflug (Slippen) probieren möchte. In der Platzrunde erklärte ich ihm kurz, wie diese Methode funktioniert und stieg bei der nächsten Landung mit in den Steuerknüppel ein. Ich zeigte ihm, was zu beachten ist, wie man den Seitengleitflug sicher ein- und wieder ausleitet und sagte ihm, dass er mal auf das Variometer schauen soll. Und da war er: der „Aha-Effekt“. Es war für mich unglaublich, aber nach der zweiten oder dritten Landung slippte der Mann wie kein anderer. Er hat die Theorie verstanden, setzte diese perfekt in die Praxis um und das Problem mit der Höhe war gelöst.
Und ich habe es ihm als sein Lehrer beigebracht! Ich habe ihm den Tipp gegeben, mit ihm zusammen geübt und siehe da: plötzlich klappte es. Wahnsinn!
Ich kann nur sagen, dass das für mich ein absolutes Schlüsselerlebnis meiner Assistenzzeit war. Ich bin Fluglehrer und mache es gerne. Ich mache es, weil ich es liebe, andere Menschen durch mein Wissen nach vorne zu bringen, es mit ihnen zu teilen und das Ergebnis meiner Arbeit anschließend sehen zu können. Bei seinem ersten Solo schaute ich ihm von der Flugplatzterrasse aus zu. Drei Platzrunden, jeder Anflug geslippt und das Flugzeug punktgenau auf die Schwelle gesetzt. Er kann es! Und ich bin Fluglehrer!
Das zum Thema Fluglehrer sind Übermenschen. Ganz ehrlich, ich würde gerne vieles sein, bin auch sicherlich das ein oder andere geworden, aber ein Übermensch bin ich ganz und gar nicht. Klar, ich kann Flugzeuge fliegen und darf es meinen Flugschülern beibringen. Aber das ist nichts Besonderes, denn Flugzeuge habe einzig und allein die Bestimmung, geflogen zu werden. Solltet ihr also Fluglehrer werden wollen, packt es an. Ihr werdet es nicht bereuen.
Nachdem ich meine Assistenzzeit abgeschlossen habe, konnte ich die Fluglehrerlizenz beim Verband beantragen. Der Verband prüft den Nachweis der Assistenzzeit und stellt die begehrte Lizenz innerhalb einer Woche aus.

Lizenzerhalt

Die Lehrberechtigung hat eine Gültigkeit von 36 Monaten. Um die Lehrberechtigung in seiner Lizenz aufrecht zu erhalten, muss man als Fluglehrer in den jeweils letzten 36 Monaten mindestens zwei der folgenden drei Bedingungen erfüllt haben:

  • Mindestens 10 Flugstunden als Lehrer oder Prüfer
  • Teilnahme an einem vom Verband durchgeführten bzw. anerkannten Fortbildungslehrgang
  • erfolgreiches Ablegen einer Befähigungsprüfung im letzten Jahr vor der Verlängerung

Wiederholung der Lehrgänge

Es trifft zwar nicht auf mich zu, sollte aber trotzdem kurze Erwähnung finden. Sofern man es, aus welchen Gründen auch immer, nicht schafft, mindestens zwei Flugschüler in jedem Ausbildungsschritt der Assistenzzeit zu begleiten, muss der Fluglehrerlehrgang wiederholt werden.

Autor: Markus Horowski

Über den Autor

ULMagazin

ULMagazin ist ein junges und modernes Onlinemagazin, das sich dem Bereich der Ultraleichtfliegerei widmet. Das Ultraleichtfliegen hat viel zu bieten. So gilt unsere Aufmerksamkeit allen Formen der ULs: Fußstart, Motorschirm, Dreiachs, Tragschrauber, Gleitschirm uvm.

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