Fuerteventura – was viele von euch mit einem sonnigen Badeurlaub verbinden, sollte für mich und meine Partnerin im November dieses Jahres endlich auch Realität werden. Aber nicht nur das faul in der Sonne liegen hatte es mir angetan. Mir war durch das ulforum.de auch zu Ohren gekommen, dass es inmitten dieser Insel einen kleinen Flugplatz geben soll, der ausschließlich von Ultraleichtflugzeugen genutzt wird.
Ankunft und Ausflug nach Cofete
Nach der Landung auf dem internationalen Flughafen in Puerto del Rosario, der Inselhauptstadt, machten wir uns also in unserem Mietwagen auf den Weg zu unserer Hotelanlage in Costa Calma, etwa 50 Kilometer südlich des Flughafens auf einer Landenge zwischen der Hauptinsel und der Halbinsel Jandia. Dort ist die Landbrücke zwischen den beiden Inseln nur ungefähr sechs Kilometer breit, dafür beginnt dort ein endloser langer, feinsandiger Strand, der uns für die nächsten Tage zur Heimat werden sollte.
Da während der ersten beiden Tage das Wetter nicht badetauglich war, machten wir uns gleich am zweiten Tag auf nach Cofete, einem kleinen, verwunschenen Dorf an der rauen Westküste von Jandia. Dorthin gelangt man ausschließlich über eine mit Schlaglöchern übersäte Buckelpiste, weshalb wir uns für diesen einen Tag ein Allrad-Fahrzeug mieteten. Nach vielen Serpentinen wurden unsere geschundenen Bandscheiben mit einer wundervollen Aussicht belohnt:
Der Anblick war atemberaubend, nicht nur aufgrund des sehr stürmischen Windes in knapp 500 Metern über dem Meeresspiegel. Aber wir wollten nicht hier oben verharren, sondern machten uns weiter auf den Weg nach Cofete.
Die Strecke selbst ist nur knapp 30 Kilometer lang, allerdings sollte man aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse mindestens eine bis eineinhalb Stunden Fahrzeit einrechnen.
Cofete selbst besteht nur aus ein paar Hütten, ohne fließendes Wasser oder Handynetze – den Strom für das Dorf erzeugt ein einziges Windkraftwerk auf einem kleinen vorgelagerten Vulkan. Während des zweiten Weltkrieges erbaute allerdings der Nazi-General Gustav Winter eine herrschaftliche Villa nur einen Steinwurf von dem kleinen Dorf entfernt. Gerüchte besagen, dass es sich um eine geheime U-Boot-Station gehandelt haben soll. Gesichert ist aber nur, dass die gesamte Halbinsel Jandia während des dritten Reiches ein militärisches Sperrgebiet der Deutschen war.
Heutzutage verhindern Erbstreitigkeiten, dass die Villa wieder renoviert wird. So verfällt sie zusehends.
Auch der Strand an der Westküste ist traumhaft schön, allerdings verhindern dort starke Strömungen ein sicheres Baden.
Auf dem Rückweg bewegten wir uns dann weiter auf geschichtsträchtigen Spuren: Außer der Villa hatte Gustav Winter noch ein Flugfeld im äußersten Süden der Insel errichtet. Dieses ist bis heute in einem hervorragenden Zustand, es müsste nur einmal jemand mit einer Kehrmaschine die kleinen Steine dort entfernen – wer weiß, vielleicht gibt das in Zukunft einmal die UL-Flugschule Fuerteventura?
Mit einer beeindruckenden Länge von einem Kilometer kann man sich vorstellen, dass dort auch größere Maschinen landen konnten. Insgesamt wäre dieser Flugplatz ein Traum für alle Flieger: Keine Hindernisse weit und breit. Sollte man allerdings in Richtung der 05 zu weit über sein (Lande-)Ziel hinausschießen, könnte es eine feuchte Landung geben:
Bild: Heftige Brandung nördlich des Winter-Flugplatzes
Was hier vielleicht etwas harmlos aussieht, wird deutlicher, wenn ihr euch das folgende Video anschaut – da will wirklich niemand mit seinem Flieger hinein!
Rundflug über Fuerteventura – Gewitter
Nach diesem Tagesausflug wollte ich natürlich die Insel auch von oben betrachten, und so beschloss ich, Aridane, den Besitzer des Flugplatzes „El Berriel“ auf Fuerteventura mit meinem gebrochenen Spanisch anzurufen – der Gute spricht nämlich außer Spanisch keinerlei andere Sprachen, auch kein Englisch. Es gelang mir, für den Samstag einen Termin mit ihm auszumachen und so fuhr ich früh morgens los, um gegen 9 Uhr am Flugplatz zu sein. Dort bot sich mir dann, Richtung Norden blickend, ein für Fuerteventura recht ungewöhnliches Bild:
Nachdem auch Aridane kurz nach mir den Flugplatz erreichte, machte ich ihn auf das nahende Unwetter aufmerksam. Noch zögerte er, aber nachdem der erste Blitz aus den Wolken zuckte, war auch für ihn klar, dass das Fliegen am heutigen Tag unmöglich war. So verabredeten wir uns für Montag früh um 8 Uhr.
Unverrichteter Dinge fuhr ich also die 50 Kilometer wieder in unser Hotel zurück, was dank der Benzinpreise, die alle um einen Euro herum liegen, nicht so schlimm war. Ich besann mich also wieder meiner Vorfreude und kurioserweise war in Jandia das Wetter deutlich besser, sodass wir einen schönen Strandtag verbringen konnten.
Rundflug über Fuerteventura – Jetzt aber!
An besagtem Montag schien Petrus mir dann gewogen zu sein: Auch wenn die Bewölkung meistens bei 5 bis 7/8 in knapp 4000 Fuß Höhe war, war es doch ein hervorragendes Wetter zum Fliegen – der höchste Punkt Fuerteventuras liegt bei 2500 Fuß, somit war also noch genügend Luft“ nach oben.
Der Weg zum Flugplatz selbst ist sehr unscheinbar: Auf der Strecke von der Nationalstraße 2 nach Antigua geht eine Schotterpiste nach rechts ab – dort stand früher einmal ein Schild mit der Aufschrift „Aerodromo El Jarde“, allerdings musste ich sehr genau suchen, bis ich dieses Schild fand:
Als ich am Flugplatz ankam, war Aridane zwar noch nicht vor Ort, allerdings war seine schöne Tecnam P-96 schon aushangariert und so konnte ich das Schmuckstück in aller Ruhe von außen betrachten.
Ein paar Minuten später traf Aridane dann in seinem „Servicemobil“ ein: Beruflich ist der Pilot selbständig und repariert große Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen, Trockner etc. auf der ganzen Insel. Sein Vater war damals die treibende Kraft beim Bau eines kleinen Flugplatzes. Leider konnte er die Fertigstellung seiner eigenen Start- und Landebahnen nicht mehr miterleben, er starb nur wenige Monate vor der Eröffnung. Seitdem kümmert sich Aridane um den Erhalt und die Pflege des Platzes.
Wir unterhielten uns kurz (sofern das mit meinen Spanisch-Kenntnissen möglich war: Dank Google-Übersetzer auf dem Handy und einem Wörterbuch in der Tasche klappte das einigermaßen), und er fragte mich, ob ich in Deutschland auch selbst fliegen würde. Ich bejahte, und so ließ er mich gleich auf dem linken Sitz Platz nehmen.
Die Instrumente waren mir vertraut, sogar der Throttle-Hebel ist funktionsgleich mit dem in meiner gewohnten Zodiac.
Bild: Das Cockpit der P-96 – das GPS brauchten wir nicht, daher das große Loch!
Ich fühlte mich von Anfang an sehr wohl in der Maschine, und so ließen wir sie warm laufen und Aridane erklärte mir die Startprozedur: Ganz zum Anfang der Piste 16 rollen, Vollgas und bei knapp 100 km/h den Vogel nach oben ziehen. Gesagt, getan und schon waren wir in der Luft – komischerweise war ich hierbei kein bisschen nervös, im Gegensatz zu meinen Flugstunden in Deutschland. Dank der Bewölkung hatte sich die Thermik einen freien Tag genommen und so konnten wir in herrlich ruhiger Luft unserer Flugroute folgen.
Nach ein paar Kilometern geradeaus machten wir eine Kurve nach links und flogen die Westküste entlang bis kurz vor Ajuy – dort drehten wir nach links ab, da sich im Gebirge ein ballistisches Sperrgebiet des spanischen Militärs befindet und wir nicht vorhatten, abgeschossen zu werden.
Von dort aus flogen wir an der ruhigeren Ostküste entlang bis zur Landenge zwischen der Hauptinsel und Jandia – im Hintergrund zu sehen ist der höchste Gipfel Fuerteventuras, der Pico de la Zarza.
Als wir dann über Costa Calma waren, sandte ich meiner Freundin eine SMS (was in 1000 Fuß Höhe problemlos möglich war), die mir auch gleich bestätigte, dass wir gesehen wurden und sich alle Urlauber den Kopf nach uns umdrehten.
Weiter an der Ostküste ging es den endlosen Strand von Jandia entlang bis nach Morro Jable, der letzten größeren Siedlung im Süden der Halbinsel. Aber auch diese ließen wir (in diesem Fall) rechts liegen und flogen weiter bis zur Südspitze der Insel, wo sich ja bekanntermaßen der Flugplatz von Gustav Winter befindet.
Ich überließ Aridane das Steuer und so war es mir möglich, während zweier Überflüge sowohl Bilder als auch ein Video dieser Landebahn zu machen.
Noch beeindruckender ist natürlich das Video vom Überflug. Wie man sehen kann, ist der Zustand der Piste nicht allzu schlecht – es sollte nur einmal richtig aufgeräumt werden.
Man kommt schon in die Versuchung, aufzusetzen…
Nach den zwei Landeanflügen konnte ich noch Bilder des südlichsten Zipfels der Insel machen.
Und weiter ging es, dieses Mal die Westküste nach Norden entlang, an Cofete vorbei. Dort bot sich mir die Möglichkeit, die Villa Winter aus einiger Entfernung noch einmal zu fotografieren.
Von dort aus flogen wir nochmals über unseren Urlaubsort Costa Calma hinweg. Das Bild zeigt, dass es sich hier wirklich nur um eine künstliche „Ferienstadt“ handelt:
Das Landesinnere von Fuerteventura erinnert an eine Mondlandschaft, ist aber durch das Farbenspiel mit den Sonnenstrahlen in den intensivsten Farbtönen zu sehen.
Wir flogen an einem alten Vulkankegel vorbei, der durchaus das Zeug zum Versteck eines Bösewichts aus einem James-Bond-Film hätte.
Während wir über die alten Vulkanschlote hinwegflogen, erzählte mir Aridane, dass es vor der Eröffnung des Flugplatzes „El Berriel“ noch einen Vorgänger gab. Diesen hatte sein Vater damals gegründet und er war bis zum Bau des internationalen Flughafens in Puerto del Rosario der einzige seiner Art auf Fuerteventura. Vom Boden ist er kaum noch zu erkennen, dafür sieht man die Umrisse aus der Luft umso besser. Auch hier ließen wir es uns nicht nehmen, knapp über dem Boden einen Überflug zu wagen. Allerdings ist die Bahn gerade einmal 140 Meter lang, ist also für heutige 3-Achser nicht zu benutzen.
Im Laufe unserer Flugzeit besserte sich das Wetter zusehends und die Sonne kam heraus, was zu einem prächtigen Farbenspiel führte.
Unglaublich, aber wahr: Trotz der Trockenheit auf der Insel und der so gut wie nicht vorhandenen Süßwasserquellen, besitzt Fuerteventura doch einen Stausee – für deutsche Verhältnisse allerdings eher ein „Stauweiher“:
Nun waren wir schon knapp zwei Stunden in der Luft und das hieß, dass wir uns auf den Rückweg nach Antigua zum Flugplatz machen mussten – schade, denn ich wäre gerne noch etwas länger „oben“ geblieben. Ich bat Aridane, noch ein paar Platzrunden zu drehen, damit ich den Flugplatz noch einmal fotografieren konnte. Erstaunlich für einen kleinen Flugplatz wie diesen, dass er zwei Start- und Landebahnen hat. Allerdings ist das recht schnell durch die wechselnde Windrichtung auf den kanarischen Inseln erklärt. Somit hat der Pilot stets eine Start- und Landemöglichkeit.
Das Landen überließ ich nun doch lieber Aridane, vor allem aufgrund meiner geringen Kenntnisse der P-96 und der Kürze der Landebahn. Interessant fand ich, dass er im Endanflug wohl die Piste 16 ansteuerte, dann aber über den nicht markierten Teil der Landebahn ausrollen ließ – kein Wunder, so hatte er am meisten Platz. Aber seht selbst – den Landeanflug habe ich mitgefilmt:
Kosten und Chartermöglichkeit
Nachdem wir nach einer sehr sanften Landung wieder zum Vorfeld gerollt waren, stellten wir die Maschine ab und unterhielten uns noch eine Weile. Dabei erzählte er mir, dass seine Flugzeuge (die P-96 und zwei Foxflyer sowie ein Gyrokopter) auch zu chartern seien. Auch besitzt er eine Lizenz als UL-Fluglehrer, und er schwärmte darüber, wie toll es sei, mit Flugschülern in den Foxflyern an den Stränden mit 80 km/h entlangzufliegen. Ich sagte ihm, dass ich das bei meinem nächsten Besuch unbedingt auch machen möchte. Was die Preise angeht, konnte ich nicht meckern: Pro Stunde mit ihm verlangte er 120 Euro, was auch dem Satz einer Flugstunde mit Lehrer in Deutschland entspricht.
Fazit
Alles in allem war es ein traumhafter Ausflug über die Insel, den ich jedem von euch nur wärmstens ans Herz legen kann. Allerdings solltet ihr ein paar Brocken (bei mir waren es bis zu diesem Zeitpunkt fünf Stunden in der Volkshochschule) Spanisch sprechen können, um euch ein bisschen mit ihm unterhalten zu können. Aridane ist ein sehr angenehmer Mensch, mit dem man viel Lachen kann – und der euch die Geheimnisse der Insel näherbringen kann. Er freut sich über jede Anfrage unter der Telefonnummer: 0034655778511. Seine Facebook-Fanpage findet Ihr hier.
Ausblick
Und beim nächsten Mal geht’s über den Nordteil Fuerteventuras nach Lanzarote und nach Gran Canaria auf den Flugplatz „El Berriel“ – ich bin wahnsinnig gespannt, was mich dann dort erwartet!
Autor und Fotos: Tobias Marx
Hallo TobiasM!
Super Artikel, sehr gut geschrieben mit schönen Bildern/Viedeos.
Weiter so … 🙂
Liebe Grüße
Stefan
Ein echt toller Reisebericht! Fuerteventura ist windtechnisch sicherlich ein schwieriges Gelände für ULs. Spannend fand ich auch die General Winter Story. Mal sehen, ob ich dazu noch etwas googeln kann…
LeCiel
Hi LeCiel,
zu Gustav Winter gibts im Netz tausende Informationen, die allerdings allesamt nicht belegt werden können – daher hab ich mich auf das Wichtigste beschränkt. Aber es ist wirklich ein spannendes Thema, und wenn man vor dem riesigen, halb verwitterten Haus steht, das nur von zwei über 80 Jahre alten Hausverwaltern bewohnt wird, bekommt man schon Muffe 😉 Wenn man den beiden nen 10er in die Hand drückt, lassen sie einen sogar hinein… ich würde die Villa als gespenstisch bezeichnen… aber auf jeden Fall eines der spektakulärsten Gebäude der Insel!
geniaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaal 🙂
und i hab eh scho so nen bodenkoller……………….
devise schirm packen……aber baaald gehts wieder los….
wünsche allseits eine flugreiche saison
blue skies and happy landings
PILLE
Schöner Bericht Tobias!
Hab mich nun auch mal durch die Facebookseite geklickt und sehe das der gute Mann auch eine S-12 hat. Hätte ich das mal gewusst als ich das letzte mal auf Fuerte war, da gabs nümlich nicht genug Wind zum kiten. Dann muss ich wohl doch mal ein paar Brocken Spanisch lernen 🙂
So, nun lass ich mich vor allem zum vorletzten Bild aus… ich habe seitdem 15 kg abgenommen und würde nie wieder ein solches Bild online stellen 😀 Aber so wars nun halt leider…
Wer gerne auf Fuerte fliegen möchte, kann mich gerne kontaktieren, ich vermittle (mit meinem inzwischen verbessertem Spanisch) gerne zwischen Aridane und euch! Auch Flüge zu den anderen kanarischen Inseln sind problemlos möglich und recht günstig zu haben (im Ggs. zu Binter Canarias)…
Ein toller Artikel mit tollen Bildern, dennoch eine kleine Anmerkung, der genannte angebliche „Landeplatz von Gustav Winter“ neben der Strasse auf dem Weg zum „kleinen Leuchtturm“ Punta Pesebre ist entgegen vieler Behauptungen im Netz nicht die „Gustav Winter Landebahn“ sondern das sog. „Puerto de la Cruz“ Airfield, das erst in den 60/70er Jahren gebaut wurde und erst für Militär bzw. später Tourismus gedacht war, wobei man dort nie angefangen hat, auch Gebäude zu errichten.
Weitere Details zum „Puerto de la Cruz“:
http://forgottenairfields.com/spain/canary-islands/puerto-de-la-cruz-s401.html
Die echte „Gustav Winter Landebahn“ liegt auch in der Gegend, aber etwa einen Kilometer südöstlich davon an der südlichen Küste und verläuft dort von Süd-West nach Nord-Ost und quert dabei die Schotterstrasse von Morro Jable zum „Faro de Jandia“ Leuchtturm. Man kann die Einfassungen aus der Luft auch heute noch grob erkennen, aber lange nicht so gut wie das später gebaute o.g. „Puerto de la Cruz“ Airfield.
Google Maps: http://goo.gl/maps/0OY5t
Weitere Details mit Luftbildern zur „Gustav Winter Landebahn“:
http://forgottenairfields.com/spain/canary-islands/winter-airfield-s400.html
Und einige Bilder vom Boden von der echten Landebahn:
http://www.fuerteventura-live.de/forum/index.php?page=Thread&postID=79389#post79389