Ausbildung Bericht

Vom Computer ins Cockpit – Mein Einstieg in die Fliegerei

Schnupperkurs auf der C22. Copyright by Tobias Marx

„Das ist doch mal ein geniales Geschenk!“

Das war der erste Gedanke, der mich am 1. September des Jahres 2011 überkam, als ich diesen Gutschein eines bekannten deutschen Anbieters für extravagante Abenteuergeschenke in Händen hielt. Meine bessere Hälfte hatte wohl endgültig genug von abendfüllenden Ausflügen über die ganze Welt, jedes Mal mit anderen Flugzeugen, aber immer in der Umgebung meines Schreibtisches im oberen Stockwerk und weit entfernt vom gemütlichen Sofa vor der Flimmerkiste. Es ist ja nicht so, dass ich sie nicht verstehen konnte: Klar war es für mich auch schön und gemütlich, ab und an einmal einen Fernsehabend einzulegen, aber meine Leidenschaft war eindeutig das Fliegen mit meinem Flugsimulator. Was das Equipment betraf, wäre der ein oder andere reale Pilot mit Sicherheit eifersüchtig geworden: Ich besaß nicht nur ein Steuerungssystem per Steuerknüppel sowie die passenden Pedale für Seitenruder und Bremse, sondern auch sämtliche weiteren Anzeigen und Bedienelemente, die ein Kleinflugzeug tatsächlich auch benötigt.

So ausgestattet dachte ich – jedenfalls bis zu diesem schicksalsträchtigen Tag – dass das Fliegen mit dieser „Ausstattung“ der Realität sehr nahe kommt. Es kann ja kein so großer Unterschied bestehen, wenn man doch dieselben Bedienelemente hat und auch die Realismus-Optionen im Flugsimulator auf die höchste Stufe gestellt hat. Nun, ich sollte eines Besseren belehrt werden!

Spannung wächst

Kommen wir also zurück zu diesem Geschenk. In großen Buchstaben war zu lesen: „Pilot für einen Tag!“ Ich las weiter: „Nach ca. 20 Minuten theoretischer Einweisung wirst du mit einem unserer Fluglehrer starten und nach dem Start die Maschine selbst fliegen dürfen.“
„Genial!“, dachte ich. Ich hatte zwar Höhenangst, war aber bei Flügen mit den großen Airlinern komplett angstfrei. Das machte mir Hoffnung, dass es bei meinem ersten Flug in so einem „kleinen“ Flieger genauso sein würde.
Also rief ich bei der Hotline des Veranstalters an und vereinbarte für Mitte September einen Termin, um zum ersten Mal zu fliegen. Mein Gegenüber am Telefon war absolut locker drauf, was mir auch etwas den Bammel nahm – etwas angespannt war ich nämlich doch!
Und so verging die Zeit und der Tag des „ersten Fluges“ rückte immer näher – und je näher er rückte, desto mehr meldete sich auch meine Höhenangst wieder, aber Gott sei Dank in erträglichem Rahmen.

Es ist soweit!

Als der Tag dann gekommen war, setzten sich Julia und ich ins Auto: Wir wohnen ungefähr 100 km von dem Ort entfernt, wo der Flug stattfinden sollte, und so planten wir zwei Stunden Anfahrtszeit ein, was im Normalfall auch problemlos reichen würde. Im Normalfall! Es war unglaublich, aber wir hatten auf der Autobahn insgesamt 30 Kilometer Stau, und so sah ich meinen ersten Flug in weite Ferne rücken, da ich ja auch nicht wissen konnte, ob der Pilot genug Zeit im Anschluss eingeplant hatte. Ich kontaktierte meine Eltern, die aufgrund der Nähe zu dem Flugplatz es sich nicht nehmen lassen wollten, mich fliegen zu sehen. Sie überbrachten dem Fluglehrer dann die Information, dass ich mich verspäten werde – was aber zu meinem Glück keinerlei Problem darstellte.
So kamen wir also endlich mit ungefähr einer Stunde Verspätung in Sulz am Neckar auf dem Ultraleichtfluggelände an. Dort wurde ich gleich von meiner Familie und dem Fluglehrer begrüßt.

Kann das fliegen?

Ich muss sagen, dass ich anfangs etwas erschrocken war: Vor meinen Augen sah ich ein babyblaues Rohrgestell, die Tragflächen mit einem dünnen Stoff bespannt und den Motor an den Tragflächen vor dem Cockpit befestigt. Wenn ich ehrlich bin, erinnerte mich das Fluggerät eher an ein Modell der ersten Flugpioniere denn an ein „modernes“ Flugzeug. Auch der Einstieg gestaltete sich schwierig; für Außenstehende muss es sehr lustig ausgesehen haben, da man die Abdeckung des Cockpits komplett nach außen schwenken kann und dabei feststellt, dass das Ganze nur aus wabbeligem Plexiglas besteht.
Nach einigen prüfenden Blicken meinerseits auf die tragende Konstruktion war ich dennoch von der Stabilität des Fluggerätes überzeugt und so folgte ich dem Fluglehrer erst einmal in eine kleine Hütte am Hangar, wo ich die theoretische Einweisung bekam: Keine abrupten Steuerausschläge, immer schön das Umfeld beobachten und auf andere Flieger achten, versuchen, Kurven sowohl mit Quer- als auch mit Seitenruder auszuführen.
Gesagt, getan. Um das Wetter brauchten wir uns keine Sorgen zu machen. Der Himmel war strahlend blau ohne auch nur eine Wolke – und das war auch gut so, denn aufgrund einer bodennahen Sperrschicht konnte sich keine Thermik entwickeln und die D-MNKB wurde nicht herumgeschüttelt.

Im Cockpit

Also nahmen wir beide Platz, schnallten uns an und gingen die Checkliste durch. Da kaum Wind herrschte, entschieden wir uns, aus Richtung Süden nach Norden zu starten, und so rollten wir vom Hangar bis zum Ende der Start- und Landebahn, wo dann noch die restlichen Checks durchgeführt wurden.
Und dann… wurde es ernst: Der babyblaue Pampersbomber (wie ich ihn liebevoll nenne) nahm an Fahrt auf und schon weit vor der Hälfte der Startbahn hoben wir ab – und ich fühlte mich leicht wie eine Feder! Ein unbeschreibliches Gefühl, es ist, als ob man alle Sorgen und Probleme, die da unten auf einen warten, für eine Zeit lang zurücklässt und wirklich frei ist!
Nach einigen Minuten der Euphorie holte mich mein Fluglehrer dann wieder auf den sprichwörtlichen Boden der Tatsachen zurück und meinte nur: „Willst du jetzt auch mal?“. Klar wollte ich, nichts lieber als das! Und so übernahm ich das Steuer, was bei diesem Modell zum einen aus einem kleinen Joystick in der Mitte des Fliegers, zum anderen aus der Fußpedalerie zur Ansteuerung des Seitenleitwerks besteht. Und siehe da: Es war eigentlich gar nicht schwer. Ich flog einige Links- und einige Rechtskurven, rollte nach links und nach rechts, stieg und sank ein ums andere Mal. Was für ein erhabenes und erhebendes Gefühl! Dann meinte mein Mentor auf der rechten Seite, dass es wohl ganz gut klappen würde und wir daher mal einen tiefen Überflug über einen anderen Flugplatz machen würden. Nach gut fünf Minuten war der Platz in Fluorn-Winzeln in Sichtweite und mein Fluglehrer meldete sich per Funk an, was aber nicht quittiert wurde – es war schon recht spät und daher war wohl niemand mehr auf dem Tower.
Wir überflogen den Platz also in niedriger Höhe, um direkt danach nochmals nach Süden abzubiegen, wo mir mein Fluglehrer dann noch die Stadt Oberndorf am Neckar zeigte, die ich von früher (allerdings vom Boden her) noch recht gut kannte. Dann mussten wir auch schon wieder umkehren, allerdings ließ mich mein Fluglehrer noch bei einigen Runden um den eigenen Platz an dem Joystick spüren, wie sich eine „richtige“ Landung anfühlt.
Dann war es leider tatsächlich vorbei und wir rollten nach einer perfekten Landung zurück zum Hangartor, wo ich, vollgepumpt mit Adrenalin und Endorphinen, ausstieg und meiner Freundin und meiner Familie um den Hals fiel.

Erfahrungen zeigen ihre Wirkung

Dieses Erlebnis führte für meine bessere Hälfte zu einer positiven wie zu einer negativen Konsequenz: Positiv war, dass ich seit dem Zeitpunkt nicht mehr abends vor dem PC saß und mit dem Flugsimulator von einem Ende der Welt zum anderen flog – der Reiz war mit dem ersten realen Flug einfach nicht mehr da. Negativ war allerdings, dass ich seitdem abends vor dem PC saß, um zu recherchieren, wo man bei mir in der Nähe eine Ausbildung zum UL-Piloten machen kann und welche Grundvoraussetzungen man dazu haben muss.
Nachdem die erste Euphorie verflogen war, festigte sich in mir der Wunsch, selbst zu fliegen, immer mehr. Während des Fluges unterhielt ich mich auch mich dem Fluglehrer über die Kosten und war absolut erstaunt: War ich doch bisher davon ausgegangen, dass man, um motorbetrieben fliegen zu können, mindestens 15.000 Euro ausgeben muss, erfuhr ich von ihm, dass für die UL-Lizenz  5.000 Euro ausreichen würden, was den Traum vom Fliegen in greifbare Nähe rücken ließ.

Ausblick

Im nächsten Teil meiner Serie „Tobias lernt fliegen“ erfahrt Ihr, was für die Wahl der Ausbildungsstätte zum UL-Piloten ausschlaggebend gewesen ist, welche Gedanken ich mir darüber gemacht habe und was ihr an Voraussetzungen mitbringen müsst, um überhaupt das Fliegen erlernen zu können.

Autor und Foto: Tobias Marx

Über den Autor

ULMagazin

ULMagazin ist ein junges und modernes Onlinemagazin, das sich dem Bereich der Ultraleichtfliegerei widmet. Das Ultraleichtfliegen hat viel zu bieten. So gilt unsere Aufmerksamkeit allen Formen der ULs: Fußstart, Motorschirm, Dreiachs, Tragschrauber, Gleitschirm uvm.

1 Kommentar

Hier klicken, um Kommentar zu verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

  • Hallo Tobias, so oder ähnich ging es wohl vielen von uns. Wenn man mal wirklich in der Maschine gesessen hat und selber steuern durfte, dann war klar, das muss ich auch machen. Bei mir war’s auf jeden Fall so und hat seit fast 20 Jahren mein Leben bereichert. Danke für die schöne Geschichte, ich bin schon auf die Fortsetzung gespannt 🙂

    Manfred

Anzeige

ULMagazin auf Facebook